DevOps-Teams versprechen Geschwindigkeit. Automatisierung. Agilität.
Doch in der Realität verlieren sie täglich Stunden mit selbstgemachten Problemen.
Der Grund? Manuelle Infrastrukturanpassungen. Quick Fixes in der UI. Deployments, die an der Pipeline vorbeilaufen.
Was als Zeitersparnis beginnt, wird zur technischen Schuld. Und diese Schuld wächst nicht linear. Sie wächst exponentiell.
Ein typisches Szenario: Production ist down. Ein Kunde wartet. Der Druck steigt.
Ein Engineer denkt sich: "Ich ändere das jetzt schnell in der UI. Das dauert 2 Minuten statt 20 Minuten durch die ganze Pipeline."
Die Änderung funktioniert. Das Problem ist gelöst. Der Kunde ist zufrieden.
Aber drei Wochen später bricht Production wieder. Niemand weiß warum. Die Testumgebung verhält sich anders. Die Git-History stimmt nicht mit der Realität überein.
Was als 2-Minuten-Fix begann, kostet jetzt 2 Stunden Debugging.
Das Problem hat einen Namen: Infrastructure Drift.
Drift entsteht, wenn die tatsächliche Infrastruktur vom dokumentierten Zustand abweicht.
Jemand macht eine manuelle Änderung. Oder deployed ein IaC-Template direkt, ohne es in Git zu committen. Oder pusht zwar in Git, merged aber den Feature Branch nicht in main.
In allen Fällen arbeitet der Mensch an etablierten Prozessen vorbei.
Die Technologie ist da. Die Automatisierung existiert. Aber Menschen entscheiden sich aktiv dagegen, sie richtig zu nutzen.
Warum?
Meistens aus Zeitdruck. Oder der Wahrnehmung, dass der "offizielle" Weg zu langsam ist.
Sie sehen die unmittelbare Zeitersparnis. Aber nicht die Konsequenzen.
Umso länger ein Drift unbemerkt bleibt, umso schwieriger werden Änderungen nachverfolgbar.
Was ist in der Zwischenzeit passiert? Was wurde durch das Überschreiben der Pipeline zurückgedreht?
Ohne saubere Git-History gibt es keine Nachvollziehbarkeit. Kein einfaches Rollback. Keine Kontrolle.
Die Zahlen sind alarmierend: Laut McKinsey macht technische Schuld etwa 40 Prozent der IT-Bilanzen aus. Unternehmen zahlen zusätzlich 10 bis 20 Prozent, um diese Schulden zu bewältigen.
Das ist kein abstraktes Problem. Das sind reale Kosten.
Jede Stunde Drift-Debugging. Jeder Incident durch inkonsistente Umgebungen. Jedes verzögerte Feature, weil niemand weiß, welche Konfiguration die richtige ist.
Teams glauben, durch manuelle Anpassungen flexibler und schneller zu sein. "Wir können schnell reagieren, wenn etwas brennt."
Aber in Wirklichkeit bauen sie sich eine Schuld auf, die sie später massiv ausbremst.
Viele denken: "Solange es funktioniert, ist alles gut."
Sie verstehen nicht, dass Drift die gesamte Vorhersagbarkeit und Reproduzierbarkeit des Systems untergräbt.
Und genau diese Eigenschaften sind der Kern von DevOps-Agilität.
Ein extremes Beispiel: Knight Capital verlor 2012 innerhalb von 45 Minuten 440 Millionen Dollar. Die Ursache? Deployment-Inkonsistenzen über acht Server. Alte Software-Versionen liefen parallel zu neuen, weil das Deployment nicht synchron war.
Das Unternehmen überlebte den Vorfall nicht. Knight Capital wurde übernommen.
Der DORA Report 2024 dokumentiert einen signifikanten Rückgang der High-Performance-Organisationen von 31% auf 22%, während gleichzeitig die Low-Performance-Organisationen von 17% auf 25% angestiegen sind. Dies bedeutet, dass weniger Unternehmen die höchsten Standards in Software-Delivery und operativer Performance erreichen, während mehr Organisationen in die niedrigste Leistungskategorie abgerutscht sind.
Viele Organisationen gehen rückwärts. Nicht vorwärts.
Es gibt einen besseren Weg: GitOps mit Pull-Ansatz.
Tools wie ArgoCD oder Flux holen sich selbstständig in regelmäßigen Intervallen den aktuellen Stand aus Git. Sie gleichen ihn mit der laufenden Infrastruktur ab.
Wenn sie eine Abweichung erkennen, korrigieren sie diese automatisch.
Das bedeutet: Selbst wenn jemand manuell etwas in der UI ändert, wird das nach spätestens ein paar Minuten wieder auf den Git-Stand zurückgesetzt.
Beim klassischen Push-Ansatz mit Pipelines passiert das nur, wenn die Pipeline getriggert wird. Das kann Stunden oder Tage dauern.
In der Zwischenzeit existiert der Drift. Niemand merkt es unbedingt.
Der Pull-Ansatz macht Git zur Single Source of Truth auf eine konsequentere Art. Das System sorgt aktiv dafür, dass die Realität immer mit Git übereinstimmt.
GitOps-Tools vergleichen kontinuierlich den gewünschten Zustand im Repository mit dem tatsächlichen Zustand. Bei Diskrepanzen werden automatisch die notwendigen Änderungen angewendet.
Eine Organisation, die diesen Wandel schaffen will, braucht einen klaren Plan.
Aber der Plan muss realistisch sein. Und von den Leuten getragen werden, die ihn umsetzen müssen.
Keine top-down Entscheidung "Ab morgen machen wir alles mit IaC".
Stattdessen: Konkrete Meilensteine. "In den nächsten 4 Wochen migrieren wir die Entwicklungsumgebung auf IaC, danach Staging, dann Production."
Und ganz wichtig: dedizierte Zeit dafür.
Wenn das Team nebenbei noch alle Features ausliefern und alle Incidents fixen soll, wird der Plan scheitern.
Man muss akzeptieren, dass diese Transformation Kapazität kostet. Kurzfristig.
Führungskräfte werden nervös, wenn sie "Investition" hören. "Wir können uns das jetzt nicht leisten, wir haben zu viel zu tun."
Aber hier ist die Wahrheit: Sie leisten sich diese Investition bereits. Nur zahlen Sie den Preis in Raten, die immer teurer werden.
Die Frage ist nicht, ob Sie sich die Transformation leisten können. Sondern ob Sie sich leisten können, sie nicht zu machen.
Die Alternative ist nicht "alles bleibt wie es ist". Die Alternative ist "es wird kontinuierlich schlimmer".
Technische Schuld wächst exponentiell. Nicht linear.
Wenn Sie jetzt 4 Wochen investieren, sparen Sie in den nächsten 12 Monaten Hunderte von Stunden.
Und noch wichtiger: Sie gewinnen Vorhersagbarkeit zurück. Ihre Deployments werden reproduzierbar. Sie können wieder verlässlich planen.
Das ist der eigentliche Business Value. Nicht nur Zeitersparnis, sondern Kontrolle und Geschwindigkeit, die skaliert.
In 3 bis 5 Jahren wird Infrastructure Management noch stärker in Richtung selbstheilender, vollautomatisierter Systeme gehen.
Infrastruktur, die sich nicht nur selbst aus Git deployed, sondern auch Compliance-Regeln automatisch durchsetzt. Abweichungen sofort korrigiert.
KI und Machine Learning werden helfen, Anomalien zu erkennen, bevor sie zu Problemen werden.
Die Verlierer werden die Organisationen sein, die heute noch glauben, dass manuelle Prozesse "flexibler" sind.
Sie werden in einer Welt, in der Geschwindigkeit und Skalierung über Wettbewerbsfähigkeit entscheiden, nicht mehr mithalten können.
Während ihre Konkurrenten hunderte Deployments pro Tag fahren, sicher und reproduzierbar, werden Sie noch in Meetings sitzen.
Und diskutieren, warum Production wieder anders aussieht als Git.
Der Unterschied wird fundamental sein: zwischen Organisationen, die ihre Infrastruktur als Code behandeln, und solchen, die sie als Handwerk betreiben.
Und Handwerk skaliert nicht.
Teams verbringen sehr viel Zeit damit, selbstgemachten Problemen hinterherzurennen.
Warum nicht stattdessen Innovationen hinterherlaufen?
Die Technologie existiert. GitOps ist produktionsreif. Die Tools sind da.
Was fehlt, ist die Entscheidung, den Weg konsequent zu gehen.
Nicht morgen. Nicht "wenn wir Zeit haben".
Jetzt.